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Nosie bleibt weiterhin auf der Suche, besonders auf der Suche nach sich selbst. Man hört seinem neuen Album an, dass da jemand „heilen“ will - Jemand, der seine Seelenlandschaft Schicht um Schicht durchgräbt, um näher an den eigenen Kern zu gelangen, der sich den inneren Dämonen stellen möchte und uns daran teilhaben lässt. Die Sprache der Musik, die der Songwriter so gekonnt beherrscht, macht diese Reise in die Seele des Künstlers auf dem Weg in Richtung Heilung so universell, dass wir sie unmittelbar verstehen können, dass wir uns selbst darin wiederfinden, dass wir ihn verstehen, mitfühlen müssen und uns auch selbst verstanden fühlen. Das feine Spiel mit dem Kontrapunkt zwischen Themen wie Angst, innere Zerrissenheit, zwischenmenschliche Spannungen und einer gekonnten Leichtigkeit im Schreiben, meistert Nosie Katzmann schon immer so versiert, dass es zu seinen absoluten Spezialitäten gehört. Durch den positiven Unterton der Melodie ist das Album trotz aller inhaltlicher Ernsthaftigkeit nicht erdrückend, sondern hoffnungsvoll, vielseitig und uneingeschränkt unterhaltsam.
Los geht es musikalisch ganz reduziert mit „Just Like Me“. Fast nur Nosies eindringliche Stimme und ein Piano sind zu hören. Es fühlt sich so an, als wollten uns sowohl der Hauptprotagonist als auch die Band erst einmal ganz nah zu sich heranholen, ungefiltert zeigen, was sie können und uns auch für die insgesamt zehn Songs des Albums ganz unmittelbar teilhaben lassen. Die Single „Think Twice“ ist direkt ein Paradebeispiel für das Spannungsfeld zwischen Text und Stimmung, das der Hörer eindringlich wahrnimmt. Inhaltlich geht es um das Gefühl, das sich einstellt, wenn im Leben eigentlich alles gut zu sein scheint und aus heiterem Himmel der Weltschmerz einfällt und alles Positive verschleiert. Der tanzbare Groove und besonders die luftige Gesangsmelodie kontrastieren diese depressiv anmutende Emotion deutlich und bringen den Song trotz des besungenen Inhalts zum Schweben. Ein weiteres musikalisches Statement setzt danach der Song „Angela“. Hier zeigt sich, wie gekonnt der Songwriter Katzmann auch mit Dissonanzen und deren geschickter Auflösung umgehen kann - ein Titel, der sich schon nach dem ersten Hören im Gehörgang festsetzt. In „The Two Of Us“ werden auf schönst-traurige Art und Weise vergangene Zeiten einer Beziehung beweint. Ein Text voller Empathie für das besungene Gegenüber beschreibt das Gefühl, das man empfindet, wenn eine Trennung allen Dingen des Alltags die Freude entzieht. Elegante Akkorde erzeugen bei dem Stück eine ganz spezielle Atmosphäre. „Fight Against My Own Me“ spielt dann erneut mit harten Kontrasten - fröhlich und locker klingt das Instrumental, doch die Lyrics beschäftigen sich mit dem inneren Kampf, dem sich jedes Individuum gegenüber sieht. Aber auch wenn sich hier Grundfragen nach Vertrauen, Aufrichtigkeit und Liebe gestellt werden und der Seelenkonflikt ganz unverblümt zur Schau gestellt wird, kommt der Hörer nicht umhin, die Chöre mitsingen zu wollen.
Ein vibrierendes Rhodes schwebt anschließend von Beginn an über „Your Own Special Way“. Nach und nach baut sich die Instrumentierung weiter auf, bis die ganze Band eingebunden ist. Dabei lockern verschiedene Soli den Track auf und bringen immer wieder musikalische Klasse zum Leuchten. Thematisch geht es auch hier um zwischenmenschliche Beziehungen und im Speziellen um die Tatsache, dass einige uns nahe Stehende die ganz eigene Fähigkeit besitzen, uns den Tag zu ruinieren. Produktionstechnisch höchst interessant wird es im Anschluss auf „Looking Through Your Window“, denn der Gesang erzählt seine Geschichte erst von ganz weit rechts, wie aus einer anderen Welt, um dann im Chorus ganz nach links zu wandern – ein besonderes Stereo-Erlebnis. Die so eingebettete Story weiß erneut von innerer Zerrissenheit zu berichten. Da wird auf der einen Seite das unbedingte Wollen des Anderen oder schlicht die große Liebe und auf der anderen Seite die Angst vor der Nähe ins Feld geführt. Auch hier überschminkt die schöne Melodie ein Stück weit den Schmerz. „Sad Eyed Punk“ und „A Little Of Your Lovin'“ kommen dagegen fast klassisch daher, der Erstgenannte in stimmungsvoller Songwriter Manier mit Klavier und Stimme im Fokus und Zweiterer als zeitloser Rock'n'Roller. Den phantastisch nachdenklichen Abklang macht „The Clown In Me“. Ein Song, der darüber reflektiert, wer man denn eigentlich wirklich tief im eigenen Kern ist, welche Figur man dagegen nach außen darstellt und die resultierende Reibung zwischen diesen beiden Gegensätzen. Ebenso wie sich nach und nach die Gedanken darüber verlieren, so verliert sich auch der Song in einem Klavier-Solo, das den atmosphärischen Abschluss des Albums bildet.
Katzmann bleibt „nosy“, also immer neugierig, offen und suchend. Dieser Entdecker-Spirit macht sein neuestes Album musikalisch so innovativ und durchgängig überraschend. Auf der künstlerisch-inhaltlichen Ebene macht diese Neugier auf die innere Wahrheit die Songs besonders aufrichtig und somit sehr emotional. Wir sind ganz nah dabei, wie sich der Songwriter erforscht, sich hinterfragt und versucht seine Zwischenmenschlichkeit einzuordnen. Wir dürfen ihn bei einem Heilungsprozess beobachten, ja begleiten und finden so auch für uns selbst Ansätze, uns in mancherlei Situation zu hinterfragen. Trotz der gedankenschweren Themen machen das Songwriting und insbesondere die Führung der Melodien mit leichter Hand das Album „Nosie“ zu einem kurzweiligen, vielseitigen und nicht zuletzt zuversichtlichen Werk voller Hoffnung.
(Pic: Patrick Liste)
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